Seminare gegen „Stammtischparolen“

Mutig die persönliche Meinung sagen, sich gewaltfrei mit Andersdenkenden auseinandersetzen – das ist Zivilcourage.

– Kurt Singer

Seminare gegen Stamm­tisch­parolen

Was sind Stammtischparolen?

Stammtischparolen sind abwertende Aussagen, die in der Regel Vorurteile formulieren und schüren. Sie stellen komplexe Themen vereinfacht dar, sind plakativ und emotional belegt. Hinter Stammtischparolen verbirgt sich „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (siehe W. Heitmeyer). Stammtischparolen kommen in den Gewändern von Homophobie, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Antisemitismus, Heterophobie (Abneigung gegen Menschen, die als anders wahrgenommen werden), Islamophobie, Klassismus u.v.m. daher. Sie erheben einen uneingeschränkten Wahrheitsanspruch. Es werden Urteile über konstruierte Gruppen gefällt und eingängige Erklärungsmuster angeboten. Es geht um ein kollektives „Die“ gegen ein kollektives „Wir“. Es geht um die Abwertung der anderen und eine soziale Aufwertung der „eigenen Gruppe“.

Stammtischparolen sind nicht an den Ort eines Stammtisches gebunden. Vielmehr treten sie überall zutage: in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Supermärkten, auf Schulhöfen, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft, in Sozialen Netzwerken, auf Familienfeiern und an vielen anderen Orten. Stammtischparolen werden mitten in unserer Gesellschaft geäußert.

Oft verschlagen uns Stammtischparolen die Sprache. Im Nachhinein kommen die Überlegungen: Warum habe ich nicht eingegriffen? Hätte ich es gekonnt? Warum fallen mir erst jetzt die guten Argumente ein? Warum war ich in der Situation so sprachlos?

Argumentationstraining gegen Stammtischparolen

Im Argumentationstrainings gegen Stammtischparolen wird zivilcouragiertes Verhalten anhand von Lernsituationen geübt. Es geht um die Überwindung der Sprachlosigkeit, um den Mut, sich einzusetzen und sich auch der Grenzen bewusst zu werden. Ein Argumentationstraining ist eine offene Lernwerkstatt und unterstützt die Teilnehmenden sich auf Situationen vorzubereiten, für einen fairen Konfliktaustrag einzutreten und eigene sinnvolle Argumentationsstrategien zu entwickeln. Der Dialog über Komplexität unterschiedlicher Werte und Haltungen wird gefördert. Menschenrechte und Demokratie bilden das Fundament der Trainings. 

Das Argumentationstraining richtet sich grundsätzlich gegen Rassismus, Sexismus, Populismus, Fundamentalismus und jegliche Formen sozialer Diskriminierung.

Argumentationstraining gegen Stammtischparolen

Seminarinhalte

  • Eigene Erfahrungen sortieren
  • Situationsanalyse: Situationen einschätzen, Zielsetzung und „Wer ist mein Gegenüber?“
  • Argumentationsmuster, dahinterstehende Denkweisen und die thematische Bandbreite
  • Vorurteilsstrukturen verstehen und Handlungsmöglichkeiten im Alltag entwickeln
  • Gegenargumente und Gegenstrategien finden
  • Sensibilisierung für „Rechtes Gedankengut“, Rechtspopulismus und autoritäre Strukturen
  • Solidarisch mit Betroffenen sein
  • die eigene Position argumentativ – auch gegen Widerstände – vertreten
  • Kommunikationspsychologie
  • Reflexion der Rollenspiele und szenischen Übungen

Die inhaltliche Schwerpunktsetzung variiert nach Format, Adressat*innen und Bedürfnissen der Auftraggeber*innen und Teilnehmenden.

Die Argumentationstrainings können je nach Zielsetzung und Vorstellungen der jeweiligen Auftraggeber*innen, Teams und Gruppen in unterschiedlichen Formaten umgesetzt werden Der optimale Rahmen wird in einem Vorbereitungsgespräch für das Training vereinbart.

  • Grundlagen- Workshops (3 bis 4 Stunden)
  • Eintages- Workshop (6 Stunden)
  • Zwei-Tages-Workshops (8 bis 16 Stunden)

Die Kosten richten sich nach dem zeitlichen Umfang des Argumentationstrainings und Vorbereitungsaufwand. 

Das Training orientiert sich an die Bedürfnisse der Teilnehmenden. Im Vordergrund des Argumentationstrainings stehen neben fachlichen Inputs vor allem Übungen in Einzel-und Gruppenarbeit und deren Reflexion im Vordergrund. In den Übungen werden Beispiele aus der eigenen Praxis bearbeitet. Hier kommen vor allem szenische Übungen aus dem Forumtheater zum Einsatz.

Die Seminare finden in einem geschützten Rahmen statt. Entsprechende Arbeitsmaterialien werden in Absprache den Teilnehmenden zur Verfügung gestellt.

Vereine, Betriebe, Institutionen, Organisationen, Verbände, Schulen, soziale und kulturelle Einrichtungen und andere gesellschaftliche Akteur*innen, die in einem Argumentationstraining gegen Stammtischparolen eine Möglichkeit sehen, um

  • persönliche Verantwortung für Menschenwürde zu übernehmen
  • mit sozialem Mut die Angst zu überwinden und einzugreifen
  • sich Sachverständnis anzueignen und argumentativen Widerspruch zu üben
  • sich mit Betroffenen zu solidarisieren
  • sich gewaltlos auseinanderzusetzen
  • sich …

Die spezifischen Anliegen der Auftraggeber*innen werden in einem Vorbereitungsgespräch geklärt, um ein maßgeschneidertes Trainingskonzept zu realisieren. 

Im Argumentationstraining gegen Stammtischparolen stehen die Übungen im Mittelpunkt. In der Kommunikation spielt die unmittelbare Wahrnehmung der Gestik, Mimik und Körpersprache eine große Rolle. Diese Ganzheitlichkeit kann nicht eins zu eins in Web-Seminaren umgesetzt werden. Dennoch bietet der digitale Raum gute Möglichkeiten, sich interaktiv mit Gegenstrategien zu Stammtischparolen auseinanderzusetzen und kollaborativ in Gruppen zu lernen.

Ich benutze Adobe Connect, das gemeinsame Arbeiten in separaten Gruppenräumen in unterschiedlicher Gruppengröße ist möglich. Ergänzend stehen Lernmaterialien auf einer Lernplattform zur Verfügung. Die Workshops sind in 90-minütige Module aufgeteilt und können zeitlich strukturiert nach Ihren Bedürfnissen stattfinden.

Die Teilnehmenden benötigen eine Internetverbindung, Rechner/Laptop, Webcam und ein Headset.

Die Kosten richten sich nach dem zeitlichen Umfang der Web-Seminare und dem Vorbereitungsaufwand. 

… bedeutet sozialen Mut zu üben.

Zivilcourage sollte verstanden werden als öffentliches Handeln im Alltag, als sozialer Mut in der Lebenswelt der Bürger*innen, als Element der Zivilgesellschaft.

– Gerd Meyer

Im Alltag bieten sich viele Möglichkeiten, diesen Mut zu zeigen. Die Definition von Meyer zeigt uns, dass es bei Zivilcourage nicht nur um die eigene persönliche Überwindung von Ängsten geht, sondern um den Mut im öffentlichen Raum für ein gewaltfreies Miteinander der Menschen einzutreten. Kurt Singer definiert Zivilcourage als eine demokratische Tugend. Zivilcourage kann mensch lernen, im Alltag bieten sich mannigfaltige Gelegenheiten, diesen Mut zu üben. Es gibt gute Gründe, offen „nein“ zu sagen, wie es der evangelische Theologe Martin Niemöller in seinen bekannten Zeilen treffend formuliert:

Ich habe geschwiegen

Als die Nazis die Kommunisten holten,
Habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,
Habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschaftler holten,
Habe ich geschwiegen; denn ich war ja kein Gewerkschaftler.

Als sie die Juden holten,
Habe ich geschwiegen; denn ich war ja kein Jude.

Als sie mich holten,
Gab es keinen mehr, der protestieren konnte.

und der Lyriker Kurt Marti so:

gegen den strom

ist einer
nicht schon
auf wasser gegangen?
das macht ihm
keiner nach

jedoch
dass du
eine nicht-schwimmerin
gegen den strom schwimmst
ist kein geringeres wunder